18 Apr 2017
Kann Sprachen lernen unsere Kreativität fördern?

Kann es zu viel von etwas Gutem geben? Sicherlich nicht bei Sprachen! Wie ich in meinem vorigen Blogeintrag „Warum lernen wir Fremdsprachen?“ erwähnt habe, gibt es neben den bekannten Vorteilen beim Erlernen einer neuen Sprache auch nützliche kognitive Fähigkeiten, die wir entwickeln können.

Können wir auch behaupten, dass Sprachen lernen unsere Kreativität signifikant fördert?

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Wenn wir diese Frage Sprachlehrern, Studenten, Übersetzern, Dolmetschern, Werbetextern und weiteren Personen, die mit Sprachen viel zu tun haben, stellen, werden sie mit einem lauten “Ja” antworten. Obwohl es zahlreiche anekdotische Beweise dafür gibt, existieren überraschenderweise wenige wissenschaftliche Studien, die den Zusammenhang zwischen Sprachen lernen und Kreativität untersuchen. Außerdem kann das Konzept von Kreativität subjektiv sein. Daher verwenden Wissenschaftler den alternativen Begriff “divergentes Denken” für unsere Fähigkeit, verschiedene Lösungswege zu einem Problem zu finden.

Im Zusammenhang mit Sprachen lernen bedeutet divergentes Denken unsere Fähigkeit, das Gleiche auf unterschiedliche Weise unabhängig von grammatikalischer Korrektheit ausdrücken zu können.

Welche klaren Verbindungen können wir daher zwischen Sprachen lernen und Kreativität herstellen? Hier sind sieben:

  1. Sprachen lernen gibt uns eine neue Linse, durch die wir unsere und die nächste Welt sehen können. Es gibt wirklich neue Ideen, Einsichten und Konzepte hinter der neuen Sprache, die wir lernen, nicht nur neue Wörter, um ausdrücken zu können, was wir in unserer eigenen Sprache sagen können.Kann-Sprachenlernen-unsere-Kreativitat-fordern-2Philosophen, Sprachwissenschaftler und Dichter haben darüber sinniert, wie die eigene Sprache unserer Weltanschauung Grenzen setzt. Daher kann Sprachen lernen diese ursprüngliche Anschauung erweitern und dadurch Kreativität fördern.
  2. Sprachen lernen hilft uns das ursprünglich Unaussprechliche auch in unserer eigenen Sprache auszudrücken
    Ein klassisches Beispiel sind die mehr als 14 Ausdrücke der Inuits für Schnee, z.B. aput (liegender Schnee), qana (fallender Schnee) und piqsirpoq (rutschender Schnee).
  3. Sprachen lernen hilft uns dabei, uns einen neuen Sinn für Humor anzueignen
    Ein Witz in einer Sprache ist nicht unbedingt lustig in einer anderen Sprache, selbst wenn die Übersetzung „makellos“ ist.Kann-Sprachenlernen-unsere-Kreativitat-fordern-3Manche Österreicher (nur sie?) denken, dass Deutsche keinen Sinn für Humor haben, obwohl beide eigentlich die gleiche Sprache sprechen. Das mag nicht mit der Sprache selbst sondern unterschiedlichen Weltanschauungen zu tun haben.
  4. Sprachen lernen verbessert unsere Körpersprache
    Das beliebte Scharaden-Spiel kann auf viele Weisen gespielt werden. In meinem Fall kann ich bei einer Bushaltestelle schon von weit weg erkennen, ob meine deutschsprachigen Studenten in diesem Augenblick Spanisch miteinander sprechen oder nicht. Wenn sie es tun, stehen sie einander näher gegenüber und verwenden mehr ihre Hände und Gesichtsausdrücke, um ihre Ideen mitzuteilen.
  5. Sprachen lernen hilft uns beim Improvisieren
    Wenn uns nicht gleich das Wort für Auto in einer Fremdsprache einfällt, können wir versuchen, es zu beschreiben, indem wir seine Funktion, seine Größe beschreiben oder was es nicht ist (z.B. Es ist kein Motorrad).
  6. Sprachen lernen hilft uns dabei, mit Fehlern besser umzugehen
    Gute Sprachenlernende experimentieren mit der neuen Sprache durch ständiges Versuchen und Irren. Daher ist eine Lernumgebung, die Belohnungen selbst für kleine Erfolge maximiert und die Folgen für Fehler minimiert, eine Förderung für Kreativität.Kann-Sprachenlernen-unsere-Kreativitat-fordern-4
  7. Die Verbindung zwischen Strategien des Sprachenlernens und Kreativität
    Es gibt viele Sprachlehrmethoden, aber was für den einen funktioniert, funktioniert nicht unbedingt für jemand anderen. Daher sind die Sprachlernstrategien, die Studenten anwenden, öfters viel kreativer und persönlich lohnenswerter.

Lassen Sie uns daher unsere Komfortzone verlassen, unsere Gehirnmuskeln trainieren und uns ernsthaft mit Sprachen lernen beschäftigen. Wir werden kreativer und dadurch bessere Problemlöser. Garantiert!

Wie hat Sprachen lernen Ihnen geholfen, kreativer zu werden?

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Über den Autor: Carlos Aleson ist der Leiter von i-diom, einem in Österreich ansässigen Institut, welches auf Sprach- und Kommunikationstraining spezialisiert ist.

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